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Konstantin-Andok-Literaturpreis

Konstantin-Andok-Literaturpreis 2025: Jury hat entschieden

Berlin, Oktober 2025

Der Konstantin-Andok-Literaturpreis, der 2024 ins Leben gerufen wurde, erinnert an Konstantin Gedig (1995–2019), der in der kurdischen Region Rojava in Nordost-Syrien für eine gerechtere Welt sein Leben ließ. Unter dem Motto „Hinschauen und Handeln“ wurden in diesem Jahr 161 Texte eingereicht, die sich mit gesellschaftlichen Brüchen, menschlicher Verantwortung und dem Kampf gegen das Wegsehen auseinandersetzen. Die Jury hat nun die drei Preisträger*innen ausgewählt.

Platz 1: „Blau“ von Christoph Hein

Heins Kurzgeschichte erzählt von Daniel, einem jungen Mann, der in seiner WG die Nachrichten zur Europawahl verfolgt und von der Dominanz der rechten Parteien in seiner ostdeutschen Heimat überwältigt wird. Die Entfremdung von Familie und Herkunft verdichtet sich in der stummen Bildkommunikation mit seinem Vater, der jeden Mittwoch ein Foto von sich auf dem Segelboot schickt. In einer schließlich gemeinsamen Bootsfahrt auf dem See, in dem Daniels Onkel ertrank, findet sich eine zarte Annäherung zwischen Vater und Sohn. Die Erzählung fragt, wie man in einer von politischer und emotionaler Starre geprägten Welt handeln kann – und erinnert daran, dass Schweigen nicht immer Sprachlosigkeit bedeuten muss.

Platz 2: „Unglückliche Umstände“ von Marcus Neuert

In einer collagehaften, reportagenartigen Montage rekonstruiert Neuert die letzten Stunden eines Jungen, der nachts aus einer S-Bahn verwiesen wird und unter ungeklärten Umständen ums Leben kommt. Durch die Perspektiven verschiedener Zeuginnen – vom Bahnpersonal über Passantinnen bis zu einer anonymen Gruppe Männer – entsteht ein beklemmendes Bild von Gleichgültigkeit, Verantwortungsdiffusion und gesellschaftlichem Versagen. Der Text endet mit einer surrealen Begegnung am Spitzgrundsee, wo ein stummes Mädchen den Jungen „nach Hause“ trägt. Eine schonungslose Anklage gegen das Wegsehen.

Platz 3: „Erika, bau mir ein Haus“ von Katja Wilhelm

Wilhelm schildert in einer autobiografisch anmutenden Erzählung die monatlichen Besuche im Pflegeheim, in dem ihre demente Freundin Katrin lebt. Die Autorin beschreibt die Überforderung und Hilflosigkeit angesichts von Krankheit, institutionellen Strukturen und der eigenen moralischen Erschöpfung. Im Zentrum steht die Bewohnerin Erika, die mit Duplo-Steinen ein Haus baut – eine Metapher für den verzweifelten Versuch, Ordnung und Sinn in einer Welt des Vergessens zu bewahren. Der Text mündet in die Frage, wer eines Tages für sie da sein wird, wenn auch sie der Hilflosigkeit ausgeliefert ist.

Die prämierten Texte stehen in der Tradition des Preises: Sie schauen hin, benennen Unrecht und erinnern daran, dass Handeln oft im Kleinen beginnt – im Gespräch, im Zuhören, im Nicht-Wegsehen.

Der Konstantin-Andok-Literaturpreis wird von SOLI NETZ vergeben und von einem Freundeskreis von Kulturschaffenden und Engagierten unterstützt. Die Preisverleihung findet voraussichtlich im Februar 2026 in Berlin statt.

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Hinschauen und Handeln

Hinschauen und Handeln – SOLI NETZ

In einer Zeit, in der neue Technologien globalen Austausch ermöglichen, driften weltweit die Lebensweisen auseinander. Manche von uns geben in einer einzigen Nacht mehr aus, als andere im ganzen Monat zum Leben zur Verfügung haben.

Gleichwohl verbinden uns wirtschaftliche Globalisierung ebenso wie der Klimawandel. Wir haben nur eine Erde, dennoch bleiben Zugänge wie zu Trinkwasser, Medien, Arbeit und Gesundheit ungleich verteilt.

Multiple Krisen lassen viele Gesellschaften Europas nicht zur Ruhe kommen. Deutschland ist keine Ausnahme. Die ‚kleinen Leute‘ sehen sich von den Regierenden nicht ernst genommen, fühlen sich moralisch bevormundet und wissen doch, dass sie am Ende die Rechnung bezahlen.

Das sorgt ebenso für Wut wie Resignation. Viele Menschen wenden sich vermeintlich einfachen Lösungen zu und stimmen bei Wahlen für eine ausgrenzende, menschenverachtende und rassistische Politik. Wir entsolidarisieren uns in beschleunigtem Tempo: Verschwörungsmythen gegen wissenschaftliche Fakten, Einheimische gegen Migranten, Autos gegen E-Bikes, Verteidigung der Freiheit gegen Kriegsangst – die Trägheit des Herzens gegen die Zärtlichkeit der Völker.

Mangelnde Transparenz im Regierungshandeln, leere Worthülsen zu universellen Menschenrechten und eine Politik ohrenbetäubenden Schweigens in geschäftiger Zusammenarbeit mit autoritären Staatsapparaten und ihren Akteuren macht politisches Handeln in den Augen vieler Bürger:innen unglaubwürdig. Sie sehen, dass diejenigen, die Wasser predigen, Wein trinken.

Wie treten wir einer Isolation im Inneren und Äußeren entgegen? Wie können wir uns – über Ländergrenzen hinweg – praktisch verbinden, ohne in Wörtern steckenzubleiben?

Woher den Mut nehmen – wie Mensch bleiben?

Auslobung

Der erste Preis ist mit 600 €, der zweite mit 300 € und der dritte mit 100 € dotiert.

Was tun? – Eure Einsendungen

Eure Einsendungen sollten literarischen Charakter haben.
Reportagen sind bspw. denkbar, aber bitte keine rein wissenschaftlichen Beiträge. Euere Einsendung muss nicht für diese Ausschreibung gefertigt worden sein, sollte aber nicht älter als ein Jahr sein. Achtung, mit der Einsendung erlaubt Ihr uns ggf. den Text in geeigneter Weise zu veröffentlichen (⇨ Copyright), falls er in die engere Auswahl kommt.

Der Beitrag darf bei einer lesefreundlichen Schrift nicht mehr als 15 DIN-A4-Seiten lang sein. In einem kurzen Vorspann (maximal zehn Zeilen) solltet Ihr möglichst prägnant zusammenfassen, worum es geht. Bitte speichert den Text unbedingt als PDF ab, sonst können wir ihn leider nicht in die Auswahl schicken. Benennt die Datei wie folgt:

Bitte habt Verständnis dafür, dass wir eine begründete
Ablehnung Eurer Beiträge nicht versenden können.
Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

Schickt Eure Einsendungen bis Montag, 10. Februar 2025, Konstantin-Andoks Geburtstag,
elektronisch, im PDF-Format an:

preis@soli-netz.blog

You’ll never walk alone …

SOLI NETZ und der Konstantin-Andok-Literaturpreis
werden unterstützt von:
Dario Azzellini, Yossi Bartal, Christian Baron, Jörn Boewe, Thomas Gedig, Joshua Graf, Carsten Krinn, Mike Nagler, Ute Ruß, Kerem Schamberger und Peter Schmidt

Konstantin Gedig  kam am 10. Februar 1995 auf die Welt und wuchs in Norddeutschland auf. Am 1. September 2016, dem internationalen Anti–Kriegstag, stieg er in ein Flugzeug nach Kurdistan. Dort schloss er sich den Volksverteidigungskräften YPG in Rojava/Nordostsyrien an, um ein Teil des Kampfes gegen den IS zu werden. Er wurde Sanitäter und nahm den Kampfnamen Andok Cotkar an. Bei einem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg der Türkei wurde Konstantin–Andok am 16. Oktober 2019 in Serêkaniyê durch Bomber des NATO–Mitgliedsstaates Türkei getötet, als er die Evakuierung eines Hospitals gegen Angriffe von Dschihadisten verteidigte.
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Soli-Netz

Schön, dass Du auf unsere Initiative gestoßen bist!

Das SOLI NETZ ist eine Initiative von verschiedenen Menschen aus ganz Deutschland, die sich bemühen aktive Schritte von Aktivist:innen zu unterstützen, die oft – gewollt oder ungewollt – im ‚Einzelkämpfer:innen‘ Modus unterwegs sind.

Als ein wachsendes Netzwerk von Menschen fördert SOLI NETZ aktiv gesellschaftsveränderndes Handeln.
Wir unterstützen Menschen, die sich nicht von der Logik kapitalistischer Institutionen aufsaugen lassen, die unbequeme Fragen stellen, die Eigensinn und Widerständigkeit bewahren.

Veränderung lebt vom Tun – Tun gilt es zu ermöglichen.

Das „Du“ ist hier keineswegs anbiedernd gemeint, sondern nur dem Umstand geschuldet, dass wir uns für eine Form entscheiden mussten.